Wenn man an Leukerbad denkt, kommen den meisten nur die Thermalbäder in den Sinn, das Skigebiet Torrent und die beeindruckenden panzerartigen Felswände, die das Dorf bewachen.
Aber würde man bei Leukerbad auch an weite, wilde Berglandschaften denken? Das sollte man! Was die meisten Leute nicht wissen, ist, dass es dort sogar einen Gletscher gibt, der leicht zu erreichen ist!
Aber fangen wir langsam an. Leukerbad ist sicherlich das bekannteste Bergdorf der Schweiz, wenn es um Thermalbäder und Quellen geht. Es gibt zwei große Thermen und ein paar Kleinere, die beiden großen sind die Leukerbad Therme und die Alpentherme.
Die Leukerbad Therme ist für so ziemlich jeden geeignet, sie bietet eine Reihe von Innen- und Außenbecken, Sprudelbereiche, eine Grotte mit heißem Wasser direkt aus der Quelle, einen Saunabereich, ein Aussenschwimmbecken und einige Wasserrutschen sowie ein Restaurant.
Sobald es dunkel wird, werden die Aussenbecken mit bunten Lichtern beleuchtet, und in der Wintersaison gibt es sogar kleine Lichtshows mit Musik, Springbrunnen und gar etwas Feuer.
Die besten Ausblicke und Eindrücke hat man im Winter, wenn es schneit und die ganze Therme in mystischen Nebel gehüllt ist, der aus dem warmen Wasser in die knackig kalte Luft aufsteigt.
Die Alpentherme ist eher für Erwachsene geeignet, mit einem großen Aussen-Spa-Pool, in dem man sich mit Blick auf die massiven Felswände des Daubenhorns und seiner Nachbarn entspannen kann. Ich selbst finde das Hallenbad eher uninteressant, aber der Saunabereich im Erdgeschoss ist ein kleines Juwel. Wenn man die große Halle betritt, findet man eine Reihe von kleinen Holzhütten, in denen jeweils eine Sauna oder ein Dampfbad untergebracht ist, die wie ein kleines Dorf aufgebaut sind. Ein flaches Becken mit körperwarmem Wasser, ein weiteres kleines Becken mit kaltem Wasser, offene und geschlossene Duschen, ein kleiner Teich mit Trinkwasser und eine Bar tragen ebenso zum Dorfleben bei wie ein kleiner Außenbereich.
In den Saunen werden häufig Aufgüsse gemacht und für das Dampfbad werden Peelings angeboten.
Wenn man nicht an Saunagewohnheiten gewöhnt ist, sollten man wissen, dass alle Saunen Nacktbereiche sind. Ja, man darf nur splitternackt und mit einem Handtuch, das groß genug ist, um darauf zu sitzen oder zu liegen, hineingehen! Außerdem handelt es sich um Entspannungsbereiche, in denen man vielleicht einfach nur den Moment genießen möchte, anstatt sich die Zeit für ein Gespräch zu nehmen und andere Besucher zu stören.
Und jetzt, auf in die Berge! Mein Lieblingsgebiet ist definitiv die Gemmi und man würde nicht vermuten, dass sich hinter diesen Felswänden ein solcher Schatz verbirgt.
Diese Wände sind bis zu 1000 m hoch und es gibt nur eine Seilbahn, die Gemmibahn. Diese Fahrt ist schon ein Abenteuer für sich, denn sie überwindet einen Höhenunterschied von etwa 900 m mit nur einem Pfeiler, wobei die Kabine bis zu 300 m über dem Boden schwebt.
An der Bergstation auf 2314m angekommen, fällt als erstes der Daubensee ins Auge, ein natürlicher tiefblauer Bergsee, der sich in die raue Hochgebirgslandschaft einschmiegt.
Die Gemmi hat den Spitznamen "Schweizer Dolomiten" erhalten, und dieser Panoramablick erklärt, warum.
Oben an der Bergstation befindet sich auch die Gemmi Lodge, das gerade eine umfassende Renovierung hinter sich hat. Es gibt eine Terrasse mit einem kleinen Sky Walk, der einen Blick über ganz Leukerbad und eine Reihe von berühmten Walliser Gipfeln in der Ferne eröffnet.
Während das Hotel im Stil einer Berghütte gehalten ist, hat es der Rest auf sich. Riesige Fensterfronten wohin man nur schaut, alles im feinsten Mountain-Chic gebaut und dekoriert. Tolles Essen, dass jeden Tag frisch zubereitet wird und ein Spa, der Seinesgleichen sucht. Die Saunas haben nämlich ebenfalls grosse Fenster vom Boden bis zur Decke und geben die Sicht auf Leukerbad und das riesige Panorama frei.
Wenn man die Gemmi zum ersten Mal besucht, ist es üblich, eine Tour um den See zu machen. Auf gut ausgebauten Wegen ist diese Wanderung in 1-2 Stunden zu bewältigen, vorbei an der Rückwand des mächtigen Rinderhorns.
Die Gemmi war früher ein wichtiger Pass. Folgt man dem Weg hinter dem See weiter hinunter, gelangt man auf die Berner Seite der Berge, nach Kandersteg.
Während der Sommersaison leben auf der Gemmi etwa 600-700 Schafe, die frei und ohne Zäune herumlaufen. Wenn man schon immer einmal so viele Schafe auf einem Fleck sehen wollten, empfehle ich, am letzten Sonntag im Juli hierher zu kommen, wenn das "Schäferfest" gefeiert wird. Die Schäfer versammeln dann alle Schafe am See, dazu gibt es Grilladen und traditionelle Musik.
Ein weiteres wunderschönes wildes Gebiet auf der Gemmi ist der Lämmerenboden auf der linken Seite, der auch zur Lämmerenhütte auf 2507 m führt, einer gemütlichen Berghütte mit Blick auf die weite, raue Landschaft, die sogar einen kleinen See namens Lämmerensee besitzt.
Der Lämmerenboden endet in einer kleinen Felsschlucht mit Wasserfall, während die Lämmerenhütte noch mehr Möglichkeiten für Höhenabenteuer eröffnet. Auf kleinen Felsenpfaden, die sich in immer grösseren Felsenfeldern verlieren, gelangt man zur Zunge des Wildstrubelgletschers. Das Gletschervorfeld hier ist so surreal, dass man sich wie auf dem Mond oder in einen StarWars-Film gebeamt fühlen könnte.
Man darf aber nicht vergessen, dass es sich hier um wilde Hochgebirgsnatur handelt, die sich weder zähmen noch vorhersagen lässt. Man sollte auf jeden Schritt achten und auf alles, was einen umgibt. Fels- und Eisrutsche sind keine Seltenheit.
Auf der Gemmi, in der Nähe der Seilbahnstation, gibt es ein weiteres Highlight, das Wildtierliebhaber kennen. Direkt an den Klippen kann man Bartgeier beobachten, wenn man den richtigen Tag erwischt. An manchen Tagen stehen die Fotografen Schlange wie bei einem Fußballspiel, in der Hoffnung, nur ein einziges Foto von diesen majestätischen Greifvögeln zu machen, deren Flügelspannweite bis zu 3 m betragen kann.
Der Rückweg kann entweder mit der Seilbahn angetreten werden oder über den beeindruckenden Gemmi-Weg, der direkt durch die archaischen, steilen Felswände führt. Ich empfehle diesen Weg sehr, aber man sollte sich auf schmerzende Knie einstellen, wenn man es nicht gewohnt sind, bergab zu wandern, denn der Gemmi-Pfad ist extrem steil und an einigen Stellen ausgesetzt. Aber wenn man sich darauf einlässt, wird man vielleicht sogar mit ein paar Steinböcken belohnt, die einen auf dem Weg begrüssen.
Wie man sieht, bietet die Gemmi alles, was man für ein perfektes Outdoor-Abenteuer braucht, mit vielen Möglichkeiten, immer mehr zu entdecken, je weiter man wandert.
Noch etwas: Das Wetter auf der Gemmi kann sich extrem schnell ändern, was in den Bergen normal ist. Dennoch habe ich noch nie so schnelle Wetterwechsel erlebt wie hier (ausser auf Island, dort geht es noch schneller!), einmal hatte ich sogar fast alle möglichen Bedingungen in nur ein paar Stunden, von sonnig über stürmisch bis hin zu Hagel und Schnee, zurück zu sonnig und einem plötzlichen Gewitter.
Ich saß sogar zwei Mal ganz allein in der Gemmi-Wand fest, während ein Gewitter über mir tobte. Das war eine ganz besondere Erfahrung, aber auch ziemlich beängstigend.
Auf der anderen Seite des Dorfes führt die Torrent Bahn hinauf zur Rinderhütte auf 2350m. Im Winter vor allem als Skigebiet bekannt, ist sie im Sommer auch ein beliebtes Ziel für Wanderer und Biker, die hier einen Flowtrail finden.
Wenn man in nur wenigen Stunden einen Gipfel erreichen will, kann man das Torrenthorn besteigen, dessen Gipfel 2997 m hoch ist und ein atemberaubendes 360°-Panorama auf die umliegenden Alpen bietet. Es ist auch möglich, die Berge zu überqueren und ins benachbarte Lötschental hinüberzuwandern.
Unten im Dorf findet man ein weiteres kleines Juwel, die Dala-Schlucht. Ausgestattet mit Metallstegen und- brücken kann man direkt durch die Schlucht wandern, die heißen Quellen erkunden und etwas über den Weg des Wassers erfahren. Im hinteren Teil der Schlucht donnert ein 35 m hoher Wasserfall mit tosendem Geräusch.
Der Weg nach der Schlucht führt durch verträumte Almwiesen mit kleinen Holzhütten, immer links der Dala folgend. Irgendwann endet der Weg und führt auf die andere Seite des Baches zum idyllischen Majingsee, einem kleinen See, der zu einer Pause oder sogar zum Grillen im Freien einlädt (es gibt vorbereitete Feuerstellen). Von hier aus kann man der Schotterstraße durch den Wald zurück nach Leukerbad folgen.
Wenn man zu größeren Abenteuern neigt, findet man in Leukerbad einen der härtesten und längsten Klettersteige der Schweiz, der in der Wand des Daubenhorns angelegt ist. Vielleicht ist schon die Schweizer Fahne in der Wand aufgefallen, denn hier führt die Route hinauf zum Daubenhorngipfel. Ohne alpine Erfahrung und eine gute Kondition sollte man diesen nicht begehen, die gesamte Tour dauert etwa 6-8 Stunden.
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